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Freie Presse | Oberes Vogtland | 4. Februar 2017 | Seite 11

Der Oelsnitzer Feuerwehrchef Jens Jacob über Ehrenämter, Begehrlichkeiten und der Situation seiner Truppe

Die Freiwillige Feuerwehr Oelsnitz konnte zuletzt den Stadtrat überzeugen, mit finanziellen Anreizen das Ehrenamt als Brandretter aufzuwerten. Für Wehrleiter Jens Jacob ist es ein Anfang, die Wehr langfristig zu sichern. Mit dem 47-Jährigen, der seit 2004 an der Spitze der Oelsnitzer Feuerwehr steht, sprach Tino Beyer.

 

Freie Presse: Der Oelsnitzer Stadtrat hat ein Paket von Maßnahmen beschlossen, das den Schwund von Mitgliedern stoppen soll. Sind Sie zufrieden?

Jens Jacob: Ja, es ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Wir können uns aber trotzdem nicht entspannt zurücklehnen.

Wie sind Sie bis zu diesem Punkt vorgegangen?

Wir haben analysiert, wie die Feuerwehr in Oelsnitz aufgestellt ist. Eine wichtige Frage dabei war: Was, wenn nicht mehr genug Leute ihre Freizeit für dieses Ehrenamt opfern? Die Stadträte haben sich dann ebenfalls Gedanken gemacht. Denn es ist nicht nur die Aufgabe der Feuerwehr, für Nachwuchs zu sorgen. Verwaltung und Stadtrat sind ebenfalls in der Pflicht, die Initiative zu ergreifen.

Geld soll helfen...

Unsere Zeit ist materialistisch ausgerichtet. Das ist so. Uns war klar: Egal, was wir machen, es wird mit Geld verbunden sein. Die Zeiten haben sich da geändert. Es gibt Jugendliche, die würden mitmachen, fragen aber schon, was dabei für sie herausspringt.

Kann es dabei nicht passieren, dass man die Falschen anzieht?

Das Risiko ist natürlich da: Greift der Virus über oder springt jemand wieder ab. Aber dem muss man sich stellen. Das wird in Vereinen auch nicht anders sein.

Stichwort Vereine. Wichtige Ehrenämter gibt es nicht nur bei der Feuerwehr. Weckt der Ratsbeschluss nicht auch Begehrlichkeiten?

Wir kämpfen seit Jahren darum, nicht auf die Vereinsstufe gestellt zu werden. Wir sind mit einem Verein nicht vergleichbar. Das einzige Freiwillige an der Feuerwehr ist der Moment, in dem man sagt: Ich mache mit oder ich höre auf. Ansonsten verpflichte ich mich für diesen Dienst. Es gab auch schon Leute, die wollten gern Mitglied in der Feuerwehr sein, aber nicht mit ausrücken. Das geht natürlich nicht. Es besteht eine Pflicht zum jederzeitigen Einsatz. Wenn Alarm ist, dann geht es los. Das ist der Unterschied, der uns von anderen Ehrenämtern unterscheidet. Dabei will ich andere Ehrenämter keinesfalls schmälern. Aber Sportler haben beispielsweise einen festen Plan und können sich darauf einstellen. Bei uns geht es los, auch wenn ich gerade mal von der Arbeit die Nase voll habe.

Wie steht die Oelsnitzer Feuerwehr aus Ihrer Sicht da?

Noch relativ gut, aber es müsste besser sein. Wir haben 42 aktive Kameraden. Wir haben aber auch altersbedingt und gesundheitsbedingt Ausfälle. Wenn eine voll ausgebildete Einsatzkraft aus eben diesen Gründen ausfällt, dann haut das ins Kontor. Bis jemand mit einer entsprechenden Ausbildung wieder nachkommt, dauert es Jahre. 42 Kameraden klingt im ersten Moment viel. Aber viele sind auswärts auf Arbeit, dann reduziert sich diese Zahl nach unten.

Wie viele Kameraden sind unter der Woche einsatzbereit?

Das lässt sich nicht auf eine Zahl genau sagen. Es gibt beispielsweise Selbstständige, die sind mal vor Ort und auch mal nicht.

Es gab vor Jahren Bestrebungen, dass Feuerwehrleute auch am Arbeitsort mit ausrücken. Was ist daraus geworden?

Die gesetzlichen Regelungen sind so getroffen, dass das geht. Aber es ist nicht der große Wurf, den man sich erhofft hatte. Wir in Oelsnitz haben von der Doppelmitgliedschaft bisher nur in einem Fall nicht profitiert. Es ist auch ein bisschen eine Einstellungssache. Ein falsch verstandener Lokalpatriotismus ist da manchmal hinderlich.

Wie steht es um die Jugendfeuerwehr?

Wir haben momentan 14 Mitglieder. Das ist eine ordentliche Größenordnung. Der größte Knackpunkt ist immer der Beginn der Ausbildung. Findet jemand einen Ausbildungsplatz in der Stadt, bleibt er uns erhalten. Ansonsten ist er weg.

Da dürfte die gute Situation auf dem Lehrstellenmarkt Ihnen in die Karten spielen.

Ja, man spürt das schon. Andererseits tickt die Jugend heute auch anders. Zum Sperkenfest haben wir gezielt junge Männer angesprochen. Man hört oft: keine Zeit. Es muss aber anders lauten: Sie sind nicht bereit, dafür Zeit aufzubringen. Keine Zeit, das gilt nicht. Auch Feuerwehrleute haben Hobbys. Doch zusätzlich übernehmen wir die Verantwortung für den Schutz der Oelsnitzer sowie deren Hab und Gut.